Das EFQM-Modell: Umfassendes Managementsystem mit Fokus auf Qualität
Ein Unternehmen hat ein tolles Produkt oder eine Dienstleistung entwickelt und einen wasserdichten Businessplan erstellt. Als Nächstes braucht es klare, messbare Ziele und einen Plan, mit dem sich überwachen lässt, ob die Ziele tatsächlich erreicht werden – in anderen Worten: ein Management-Framework. Ein solches Rahmenwerk, das speziell die Qualität in den Fokus nimmt, ist das EFQM-Modell (in der aktuellen Version: EFQM-Modell 2020).
Was genau sich dahinter verbirgt, wie das EFQM-Modell funktioniert und wie es sich mit OKRs kombinieren lässt, erklären wir dir in diesem Artikel.
Das erwartet dich:
- Was bedeutet EFQM? Definition, Ursprung und Weiterentwicklung
- Wie funktioniert das EFQM-Modell?
- Was kann das EFQM-Modell? Vor- und Nachteile
- EFQM vs. OKRs im Vergleich
- Fazit: Lassen sich EFQM und OKRs kombinieren?
- EFQM-Modell – FAQ
Was bedeutet EFQM? Definition
Die Abkürzung „EFQM“ steht für die „European Foundation for Quality Management“ (deutsch: Europäische Stiftung für Qualitätsmanagement). Die Stiftung ist dabei nicht nur Namensgeber für das Konzept, sondern hat es auch entwickelt.
Insgesamt gilt das EFQM-Modell als umfassendes Qualitätsmanagementsystem. Es basiert in seiner neuesten Version auf sieben Kriterien und hilft dabei, das Verhalten, Denken und die Kultur einer Organisation zu verstehen und zu analysieren – immer mit dem Ziel, die Unternehmensqualität in allen Bereichen und auf allen Ebenen zu verbessern.
Das Modell liefert einen Gesamtblick auf das Unternehmen, deckt Verbesserungspotenziale auf und bietet gleichzeitig Techniken und Instrumente, um Verbesserungen im Laufe der Zeit zu messen. Der Schlüssel dabei ist das Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung: Unternehmen sollten analysieren, was sie konkret getan haben, welche Ergebnisse sie damit erzielt haben – und welche Lücken es dabei noch gibt.
Zusammengefasst ist das EFQM-Modell also ein Management-Framework, das sich auf Qualität fokussiert und Organisationen hilft, zu erkennen, wo sie sich auf ihrem „Weg zur Exzellenz“ aktuell befinden bzw. welche Schritte notwendig sind, um (noch) besser zu werden.
Ursprung und Weiterentwicklung des Modells
Die erste Version des EFQM-Modells (auch: EFQM-Excellence-Modell) wurde in den späten 1980er Jahren veröffentlicht. Das ursprüngliche Ziel war es, einen einheitlichen Rahmen für das Management zu schaffen, der Unternehmen dabei helfen sollte, effektiver zu werden. So sollte die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft angekurbelt werden.
Seitdem gehört das EFQM-Modell zu den führenden Systemen im Qualitätsmanagement. Es wird außerdem ständig weiterentwickelt. Die letzte Aktualisierung stammt aus dem Jahr 2019: Das bis dahin gängige EFQM-Modell von 2013 wurde grundlegend modifiziert und im November 2019 als „EFQM-Modell 2020“ herausgegeben.
Mit der neuesten Überarbeitung wurde die Struktur des EFQM-Modells komplett angepasst und die Unternehmenskultur wird stärker in den Fokus gerückt. Wie genau die neue Struktur aussieht, schauen wir uns in diesem Artikel genauer an.
Wie funktioniert das EFQM-Modell?
Insgesamt beschreibt das EFQM-Modell praxisorientiert, welche Anforderungen ein Unternehmen erfüllen sollte, um exzellent zu sein – und zwar anhand von sieben Kriterien, die insgesamt drei Segmenten zugeordnet werden können: Ausrichtung, Realisierung und Ergebnisse.
Hinter diesen drei Segmenten steckt die einfache, aber wirkungsvolle Logik von drei zentralen Fragen:
- ➡️ Ausrichtung: Warum existiert die Organisation? Welchen Zweck erfüllt sie? Warum verfolgt sie gerade diese Strategie?
- ⚙️ Realisierung: Wie beabsichtigt sie, ihren Zweck zu erfüllen bzw. ihre Strategie umzusetzen?
- 📈 Ergebnisse: Was wurde bisher erreicht? Was soll künftig erreicht werden?
Das Modell verknüpft also den Zweck, die Vision und die Strategie einer Organisation (Warum), mit dem Nutzen, den diese für ihre Stakeholder schafft (Wie), und exzellenten Ergebnissen (Was).
Die Ausrichtung
Mit der Ausrichtung bietet eine Organisation ihren Mitarbeitenden Orientierung (Mission, Vision und Werte). Die Kultur wird geformt und der Weg (Strategie) wird vorgegeben.
Das Segment fokussiert sich also komplett auf die Zukunft des Unternehmens und ist in zwei Kriterien unterteilt:
- 1️⃣ Zweck, Vision und Strategie: Herausragende Organisationen definieren sich über einen inspirierenden Zweck (Mission), eine erstrebenswerte Vision und eine wirksame Strategie, die darauf ausgelegt ist, nachhaltigen Nutzen zu schaffen.
- 2️⃣ Organisationskultur und Organisationsführung: Eine exzellente Organisation teilt auf allen Ebenen dieselben Werte und gestaltet eine erfolgsorientierte Kultur. Führungskräfte gehen mit gutem Vorbild voran.
Die Realisierung
Bei der Realisierung steht die Umsetzung der Strategie im Mittelpunkt. Das Segment ist unterteilt in insgesamt drei Realisierungskriterien:
- 3️⃣ Interessengruppen einbinden: Unternehmen sollten ihre Interessengruppen kennen, verstehen und einbinden. Sie sollten sich intensiv damit befassen, was diejenigen, die für ihren Erfolg wichtig sind – beispielsweise Kundinnen und Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder die Gesellschaft als Ganzes – brauchen.
- 4️⃣ Nachhaltigen Nutzen schaffen: Gute Unternehmen wissen, dass sie nur dann langfristig erfolgreich sein können, wenn sie mit dem, was sie tun, einen nachhaltigen Nutzen für ihre Interessengruppen schaffen.
- 5️⃣ Leistungsfähigkeit und Transformation vorantreiben: Wer heute und in Zukunft erfolgreich sein will, muss die aktuelle Leistung verbessern und gleichzeitig innovativ sowie offen für Veränderungen bleiben. Idealerweise werden Veränderungen sogar aktiv angestoßen und gestaltet.
Die Ergebnisse
Alles, was ein Unternehmen im Rahmen der Ausrichtungs- und Realisierungskriterien erreicht, lässt sich mithilfe von zwei zentralen Ergebniskriterien messen:
- 6️⃣ Wahrnehmungen der Interessengruppen: Unternehmen sollten auf Ergebnisse blicken, die auf dem Feedback wichtiger Interessengruppen beruhen und deren persönliche Wahrnehmung der Organisation beschreiben.
- 7️⃣ Strategie- und leistungsbezogene Ergebnisse: Gleichzeitig sollten Organisationen auch alles rund um die Leistungsfähigkeit im Blick behalten, das heißt: sämtliche Ergebnisse, die Aufschluss darüber geben, ob ein Unternehmen es schafft, seinen Zweck zu erfüllen, die gewählte Strategie umzusetzen, Nutzen zu schaffen und Veränderungen anzustoßen.
Grundsätzlich lässt sich jedes der sieben Kriterien im Modell noch in eine Reihe von weiteren Teilkriterien aufspalten, die wiederum mögliche Ansatzpunkte für die praktische Umsetzung enthalten. Die folgende Abbildung zeigt die Grundstruktur des Modells.
Das „alte“ EFQM-Modell
Zum Vergleich: In seiner früheren Version bestand das EFQM-Modell aus insgesamt neun Kriterien, bestehend aus fünf Voraussetzungen (sogenannte „Befähiger-Kriterien“) und vier Ergebniskriterien, und basierte im Kern auf drei Säulen, die ihren Ursprung im „Total Quality Management“ (TQM) haben: Menschen, Prozesse und Ergebnisse.
Es ging davon aus, dass man als Unternehmen die besten Ergebnisse erzielt, wenn alle Mitarbeitenden (Menschen) im kontinuierlichen Verbesserungsprozess eingebunden sind.
Die fünf Voraussetzungen waren:
- Führung
- Strategie
- Belegschaft
- Ressourcen und Partner
- Prozesse
Die vier Ergebniskriterien des „alten“ EFQM-Modells waren unterteilt in:
- Kundenorientierte Ergebnisse
- Mitarbeiterorientierte Ergebnisse
- Stakeholderorientierte Ergebnisse
- Schlüsselergebnisse
Performance Management mit der RADAR-Logik
Ob eine Organisation eine gute Performance hinlegt und Verbesserungen erfolgreich umsetzt, wird innerhalb des EFQM-Modells vom Unternehmen selbst bewertet – und zwar nach der sogenannten RADAR-Logik.
Die vier Buchstaben stehen dabei für:
- Results (Ergebnisse): Es werden die Ergebnisse definiert, die ein Unternehmen durch eine Strategie erreichen möchte.
- Approaches (Vorgehen): Vorgehensweisen, mit denen die Ergebnisse jetzt und in Zukunft erzielt werden sollen, werden festgelegt.
- Deployment (Umsetzung): Die Vorgehensweisen werden umgesetzt.
- Assess and Refine (Bewertung und Verbesserung): Das umgesetzte Vorgehen wird bewertet und verbessert, um aus Fehlern zu lernen und über sich hinauszuwachsen.
Die RADAR-Logik beschreibt also, wie es einem Unternehmen gelingen kann, die aktuelle Arbeitsweise besser zu lenken, zu verbessern und weiterzuentwickeln.
Die Bewertung erfolgt dabei meistens in Form einer Tabelle, in der die einzelnen Segmente und Kriterien gemeinsam mit Attributen, die ausdrücken, inwieweit die Kriterien erfüllt werden, aufgelistet sind. Das Ganze wird dann nach einem fixen Punktesystem ausgewertet.
Was kann das EFQM-Modell? Vor- und Nachteile
Das EFQM-Modell unterstützt Organisationen dabei, Veränderungen zu managen und ihre Leistung zu verbessern. Damit bietet es einige Vorteile:
- ✔️ Das Modell hilft Unternehmen, ihren Zweck (Purpose) zu definieren und eine wertschöpfende Kultur zu gestalten, die gemeinsame Ziele in den Vordergrund stellt.
- ✔️ Veränderungen werden aktiv vorangetrieben. Das Modell bietet einen bewährten Handlungsrahmen, um diese so reibungslos wie möglich zu gestalten.
- ✔️ Dadurch, dass Prozesse laufend analysiert und optimiert werden, bietet das Modell Raum für agile Praktiken.
- ✔️ Das Modell ist offen angelegt und bietet statt dem einen richtigen Weg eher einen „Werkzeugkoffer“ mit unterschiedlichen Vorgehensweisen, aus dem Unternehmen individuell auswählen können.
- ✔️ Das Modell bezieht Feedback wichtiger Interessengruppen intensiv in den Verbesserungsprozess mit ein.
Gleichzeitig ist EFQM aber auch mit einigen Herausforderungen verbunden. Das sind die größten Nachteile des Frameworks:
- ❌ Das Modell ist auf langfristiges, kontinuierliches Veränderungsmanagement ausgerichtet. Entsprechend ist es weniger geeignet, um kurzfristige Ziele zu erreichen.
- ❌ Die Selbstbewertung erfordert viel Disziplin und es ist fraglich, ob die Bewertung tatsächlich objektiv und ehrlich genug erfolgen kann.
- ❌ Viele Begriffe innerhalb des Modells sind vage formuliert oder nicht ausreichend definiert. Das macht es schwieriger, damit zu arbeiten.
- ❌ Um das sehr umfangreiche Modell umzusetzen, braucht es auf allen Ebenen des Unternehmen zwingend ein hohes Maß an Engagement und eine starke Führung.
- ❌ Das Modell ist sehr breit angelegt und damit in der Umsetzung komplex. Es funktioniert nur auf einer übergeordneten Unternehmensebene, nicht für einzelne Teams oder Mitarbeitende.
EFQM vs. OKRs im Vergleich
Außer EFQM gibt es noch viele weitere Managementkonzepte, die darauf ausgelegt sind, Unternehmen strategisch besser zu machen und voranzubringen – jeweils mit unterschiedlichem Fokus.
💡 Tipp: Balanced Scorecard, Hoshin Kanri, MBO, OGSM und OKR sind einige Beispiele für Management-Frameworks, auf die sich ein genauerer Blick lohnt.
OKRs – kurz für „Objectives und Key Results“ – scheinen auf den ersten Blick wenig mit EFQM gemeinsam zu haben und auch keine besonderen Möglichkeiten für eine Integration zu bieten. Schaut man allerdings genauer hin, wird klar, dass vor allem Letzteres nicht ganz richtig ist.
💡 Tipp: Wer sich zu OKRs noch tiefer einlesen möchte, schaut am besten in unseren OKR Leitfaden oder klickt sich durch noch mehr spannende Artikel auf unserem Blog.
Ja, die beiden Frameworks haben einige ganz ⚡ grundlegende Unterschiede, aber auch 🤝 Gemeinsamkeiten:
- ⚡ Fokus: Das EFQM-Modell ist, verglichen mit OKRs, deutlich breiter angelegt. Es legt vor allem konzeptionell fest, was ein Unternehmen als Ganzes erreichen möchte (mit Fokus auf Qualitätsmanagement). OKRs konzentrieren sich auf Ziele und deren konkrete Umsetzung im Arbeitsalltag – sowohl individuell im Team als auch auf Unternehmensebene.
- ⚡ Zugang: Das EFQM-Modell ist recht komplex, sodass es für einzelne Mitarbeitende nicht (oder nur schwer) zugänglich ist. OKRs lassen sich auch individuell oder in kleinen Teams umsetzen. Sie sind für alle im Unternehmen leicht verständlich.
- ⚡ Transparenz: Dreh- und Angelpunkt beim EFQM-Modell ist die Führungsebene. Für Mitarbeitende, die die Strategie umsetzen sollen, ist es oft schwer, das Konzept komplett zu überblicken. OKRs werden in der Regel einfach, transparent und teamorientiert erstellt, top-down und bottom-up.
- ⚡ Frequenz: EFQM ist auf langfristige Veränderungen ausgelegt, während OKRs kurzfristiger, normalerweise alle drei bis vier Monate, neu gesetzt und in Check-ins überprüft werden.
- 🤝 Ambition: Beide Frameworks setzen ambitionierte Ziele für das Unternehmen. Fehler werden als Chance zum Lernen und Verbesserungspotenziale gesehen.
- 🤝⚡ Anpassbarkeit: Beide Frameworks sind flexibel, unterscheiden sich aber in den Details: OKRs werden in der Regel quartalsweise neu gesetzt und regelmäßig überprüft. EFQM strebt für feste Themen nach Exzellenz und setzt auf kontinuierliche Verbesserung.
Fazit: Lassen sich EFQM und OKRs kombinieren?
Insgesamt handelt es sich um zwei sehr verschiedene Frameworks mit sehr unterschiedlichen Zielen, die trotzdem (oder genau deshalb) gut zusammenpassen können.
Das EFQM-Modell ist breiter angelegt und kann angewendet werden, um eine übergeordnete, langfristige Managementstrategie zu erstellen, deren konkrete Umsetzung mit OKRs unterstützt wird.
Beispielsweise könnte man mit OKRs im vierteljährlichen Rhythmus schrittweise die offenen Punkte aus den EFQM Selbstbewertungen gezielt angehen und von den Ideen und Anregungen des gesamten Teams profitieren, indem man die OKRs gemeinsam mit den Mitarbeitenden festlegt.
Dabei gleichen die einfachen und auf den Punkt formulierten Objectives und Key Results die Komplexität des EFQM-Modells aus und sorgen dafür, dass alle Mitarbeitenden verstehen, wie sie individuell dazu beitragen können, die Unternehmensstrategie (Vision) umzusetzen.
EFQM-Modell – FAQ
Was ist das Ziel von EFQM?
Ziel des EFQM-Modells ist es, Organisationen dabei zu unterstützen, Veränderungen zu managen und ihre Leistung sowie die Qualität ihrer Ergebnisse zu verbessern. Angestrebt wird eine kontinuierliche Optimierung bis hin zur Exzellenz.
Wer nutzt EFQM?
Das EFQM-Modell ist eines der am weitesten verbreiteten Management-Frameworks, das von globalen Konzernen, KMU und öffentlichen Einrichtungen verschiedener Branchen gleichermaßen genutzt wird. Besonders empfehlenswert ist EFQM für Unternehmen, die schon ein Qualitätsmanagement haben und dieses perfektionieren möchten.
Warum ist das EFQM-Modell hilfreich?
Das Modell hilft Organisationen dabei, zu messen, wo sie sich auf dem Weg zu einem exzellenten Unternehmen aktuell befinden und hilft, Lücken und Verbesserungspotentiale zu identifizieren und zu verstehen. Außerdem bietet es Anregungen, welche Maßnahmen umgesetzt werden können, um die Lücken zu schließen und besser zu werden.