OKR vs. MBO: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Wer sich mit OKRs beschäftigt, hat vermutlich auch schon einmal von MBO gehört – oder umgekehrt. Denn sowohl OKR als auch MBO fußen als Management-Methoden auf den gleichen Überlegungen. Dabei könnten sie viel unterschiedlicher nicht sein.
In diesem Artikel zu OKR und MBO werden folgende Fragen beantwortet:
- Was ist MBO (Management by Objectives)?
- Was ist OKR (Objectives und Key Results)?
- Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es bei der Gegenüberstellung MBO vs. OKR?
- Was sind Beispiele für MBO vs OKR?
Was ist MBO?
Definition MBO
MBO steht für "Management by Objectives". Die MBO-Methode wurde in den 50er-Jahren von dem US-amerikanischen Ökonomen Peter Drucker entwickelt, um die Leistungsfähigkeit von Organisationen zu erhöhen. Drucker gilt als Pionier der modernen Managementlehre.
MBO beschreibt im Wesentlichen einen Zielsetzungsprozess, bei der die oberste Führungsebene die Ziele der Organisation – meist für das nächste Jahr – vorgibt. Daraufhin legen alle Führungskräfte die Ziele für die Mitarbeiter unter ihnen fest. Die Mitarbeiter können dabei jedoch frei wählen, wie sie ihre Zielvorgaben erfüllen. Im MBO-Zielsystem wird üblicherweise erwartet, dass Ziele zu 100% erreicht werden, sodass die Leistungsbeurteilung eines Mitarbeiters, seine Boni und eine höhere Vergütung oft an die Erreichung seiner Ziele gebunden sind.
Wie läuft der MBO-Prozess ab? Der erste Schritt des MBO-Prozesses besteht darin, dass die einzelnen Abteilungen Ziele formulieren, die die übergeordneten Unternehmensziele unterstützen. Im Rahmen des MBO-Prozesses entscheiden die Führungskräfte, welchen individuellen Beitrag ein Mitarbeiter für den Zyklus leisten soll.
Was ist OKR?
Definition von OKR
OKR steht für "Objectives und Key Results" und ist eine moderne Management-Methode zur Ziel- und Mitarbeiterführung. Einer der wesentlichen Vorteile der Methode ist die Verknüpfung von qualitativen Zielen (Objectives) mit jeweils zwei bis vier quantitativen Zielen (Key Results). So ermöglichen OKRs einem Unternehmen seine Vision und Strategie in messbare und für Mitarbeitende besser greifbare Ziele zu übersetzen. OKRs werden typischerweise jedes Quartal erneut aufgestellt, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können.
Wenn du mehr über die Vorteile, den Prozess und die Entstehungsgeschichte von OKRs lernen willst, lies dir unseren OKR Guide durch. Um zu erfahren, wie OKRs konkret aussehen können, besuche unsere Sammlung von OKR Beispielen.
OKR vs. MBO: Überblick
Trotz gemeinsamer Wurzeln von OKR und MBO gibt es eine Reihe von Unterschieden zwischen den beiden Zielmanagement-Systemen.
Der ehemalige Intel-CEO Andy Grove identifiziert in seinem Buch High Output Management zwei Fragen, die bei der Einführung von Systemen mit gemeinsamen Zielen zu beantworten sind:
- Wo will ich hin? Die Antwort hierauf entspricht dem Objective.
- Wie kann ich feststellen, ob ich mein Ziel erreiche? Die Antwort hierauf liefert die zugehörigen Key Results.
Während MBO für gewöhnlich nur den ersten Part adressiert (das Was), berücksichtigen OKRs auch das Wie durch die Key Results.
Bei genauerer Betrachtung kristallisieren sich einige Unterschiede zwischen MBO vs OKR heraus:
MBO | OKR |
---|---|
Management by Objectives | Objectives and Key Results |
Was soll erreicht werden? | Was soll erreicht werden und wie? |
Zielsetzung Top-Down | Zielsetzung Top-Down & Bottom-Up |
Zykluszeit: 1 Jahr | Zykluszeit: 3-4 Monate |
Zielvorgaben sind individuell und vertraulich | Ziele sind teambasiert und öffentlich |
Ziele sind meist konservativ (da an Boni gekoppelt) | Ziele sind meist ambitioniert |
100% Zielerreichung angestrebt | Gesunde Fehlerkultur: Scheitern wird als Teil des Lernprozesses gesehen; Zielkorridor meist zwischen 60 und 100% |
OKR vs. MBO: Bottom-Up oder Top-Down?
Ein Unterschied von MBO vs OKR zeigt sich in der Art der Zielsetzung. Bei MBO geht es um die traditionelle Kunst des Managements, d.h. Planung, Steuerung und Kontrolle.
Als Folge werden in mit MBO geführten Unternehmen Ziele von oben nach unten (Top-Down) kaskadiert. Sprich, bei MBO werden einmal pro Zyklus (typischerweise ein Jahr) von der Führungsebene Ziele festgelegt, die dann an die Mitarbeitenden weitergegeben werden. Die Mitarbeitenden haben in dieser Zeit lediglich der Erreichung der Ziele zuzuarbeiten. Ein Mitspracherecht bezüglich der Zielsetzung gibt es meistens nicht.
Die Welt gilt nach MBO-Denke also als hinreichend vorhersagbar, sodass ein Jahr im Voraus Ziele festgelegt werden können, die im Anschluss nur noch den Mitarbeitenden mit der Bitte vorgesetzt werden, diese zu erreichen.
Der OKR-Ansatz respektiert hingegen die Realität unserer komplexen Umwelt: Sie ist selten vorhersagbar, dynamisch und geprägt von Ambiguität (VUCA). Bei OKR bestimmt das Management zwar die übergeordneten Ziele des Unternehmens – die Ziele der Teams und Abteilungen werden jedoch in Bottom-Up-Manier maßgeblich von den Mitarbeitenden bestimmt. Die Teams können also eigenverantwortlich, selbstorganisiert und autonom auf Veränderungen im Markt reagieren.
OKR vs. MBO: Mitarbeiterbeurteilung und Performance Management
Ein weiterer, großer Unterschied ist die Art und Weise der Mitarbeiterbeurteilung (Performance Appraisal). Bei MBO wird darauf gesetzt, die Mitarbeitenden durch extrinsische Anreize zu motivieren. Diese Anreize äußern sich meistens in Form von Gehaltserhöhungen im Rahmen der Leistungsbeurteilung sowie Bonuszahlungen, die ausgeschüttet werden, wenn ein Ziel erreicht worden ist.
Die Problematik dabei ist, dass sich bei den Mitarbeitenden der Gedanke manifestieren kann, dass Motivation immer aus einem monetären oder materiellen Anreiz heraus entspringen muss. Der innere Drang, gute Leistungen zu erbringen, weil man nach etwas Größerem strebt, kann als Folge verkümmern.
Bei der OKR-Methode hingegen wird der Erreichungsgrad der Key Results nicht an die Vergütung gekoppelt. Das stünde im Gegensatz zum OKR-Gedanken: Motivation durch Eigenverantwortung und Selbstorganisation.
Durch diese Entkoppelung sind Mitarbeitende freier darin, kreativ an ihre Aufgaben heranzugehen und zu experimentieren, weil sie keine Angst vor ausbleibenden Bonuszahlungen oder negativen Leistungsbewertungen haben müssen. So entsteht eine gesunde Fehlerkultur, in welcher Scheitern als Teil des Lernprozesses gesehen wird.
OKR vs. MBO: Ambition oder Kontrolle?
Die starre Kopplung der Vergütung an Ziele hat neben der Verkrüppelung der intrinsischen Motivation noch einen weiteren Nachteil:
MBO-Ziele werden konservativ gesetzt. Dies ist eine logische Konsequenz der Kopplung: Mitarbeitende setzen ihre Ziele nur noch so hoch, dass sie auch sicher sein können, dass sie sie erreichen. Denn nur so erhalten sie ja schließlich ihre Gehaltserhöhungen und Boni. Ziele werden durch diesen Anreiz also künstlich niedrig gesteckt, was ernsthafte Folgen für die Unternehmensleistung haben kann.
Auf der anderen Seite incentiviert OKR das Setzen von ambitionierten Zielen, indem es die Vergütung klar getrennt sieht. Während von MBO-Zielen erwartet wird, dass sie zu 100 % erfüllt werden, ist bei OKRs oft schon eine Zielerreichung von 60 - 70 % Grund zur Freude.
OKR vs. MBO: Offenheit oder Vertraulichkeit?
In MBO-geführten Unternehmen haben meist nur die Führungskräfte sowie die verantwortlichen Mitarbeitenden Einsicht in die jeweiligen Zielvorgaben. Transparenz ist hier fehl am Platz, da es um eine vertrauliche Vereinbarung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden geht.
Das bringt zwei entscheidende Probleme mit sich: Informationssilos und als Folge daraus mangelnde Kommunikation und Zusammenarbeit.
Durch deutliche Zielvorgaben und einem jährlichen Zeithorizont haben die Mitarbeitenden ein klares abgestecktes Aufgabenfeld vor sich, an dem sich nicht viel ändern wird. Die Kommunikation und Abstimmung mit anderen Teammitgliedern oder Abteilungen ist nur in seltenen Fällen notwendig. Auf der anderen Seite stehen OKRs mit transparenten, öffentlichen Teamzielen und einem hohen Abstimmungsbedarf. Während sich bei MBO die Mitarbeitenden vergleichsweise "in Isolation" befinden, entsteht bei OKRs ein Feuerwerk der Kommunikation und Kollaboration, um Initiativen und Ziele gemeinsam voranzutreiben. Silos werden aufgebrochen, Synergien können erkannt und Doppelarbeit vermieden werden.
MBO Beispiele vs. OKR Beispiele
Um den Unterschied zwischen OKR und MBO in der Praxis zu verdeutlichen, hier einige Beispiele für Unternehmensziele und Marketingziele:
MBO Beispiele für Unternehmen
- Erzielen eines NPS von mindestens 45
- Erhöhung der CSAT-Score auf mindestens 75%
- Reduzieren der Mitarbeiterfluktuation um 10%
OKR Beispiele für Unternehmen
MBO Beispiele für Marketing
- Die monatlichen Besucherzahlen der Website von 30k auf 50k steigern
- Steigerung des Social Media Traffics um 40%
- Erreichen von 60% SOV (Share of Voice) gegenüber dem Hauptkonkurrenten
OKR Beispiele für Marketing
Fazit und MBO vs OKR Infografik
Der Vergleich von OKR vs MBO hat deutlich gemacht, dass die OKR-Methode wesentlich besser mit unserer komplexen Welt vereinbar ist als MBO. Und nicht nur die Herausforderungen unserer Umwelt, auch die Bedürfnisse der Mitarbeitenden nach mehr Autonomie, Eigenverantwortung und Bestimmung (Purpose) werden durch OKR besser adressiert als durch MBO.
Schlussendlich ist es eine Frage der Philosophie und des Selbstverständnisses der Organisationen: MBO steht für Stabilität, Kontrolle und rigide Strukturen. OKR steht hingegen für Flexibilität, effektive Zusammenarbeit, Kreativität, sowie Agilität und ist damit besser an die Realität der modernen Arbeitswelt angepasst als MBO.